Der Druck wächst
Was bisher geschah:
Mia Novak arbeitet im Restaurant "Frost & Flamme", wo der Duft von Butter, Knoblauch und Rotwein auch nach Feierabend an ihr haftet. Während eines Charity-Dinners, das von ihrem Chef organisiert wurde, beobachtet sie die angespannte Atmosphäre und bemerkt, wie zwei Männer hinter der Bühne verschwinden, bevor ein Schrei ertönt. Am nächsten Morgen ist der Gastraum von der Polizei abgesperrt, und Mia wird zu dem Vorfall befragt, der in der Nacht geschehen ist. Sie erinnert sich an die Ereignisse, die wie bruchstückhafte Szenen in ihrem Kopf ablaufen, und kämpft mit dem Wissen, was sie gesehen hat und was sie lieber vergessen möchte.
Die Tage danach legten sich wie Glasschichten übereinander. Von außen sah alles gleich aus: Service, Bestellungen, Reservierungen. Innen war jede Bewegung schwerer, als trüge sie etwas Unsichtbares mit sich herum.
Mia arbeitete weiter, weil man ihr gesagt hatte, das Lokal müsse funktionieren. „Gerade jetzt“, hatte jemand betont, „dürfen wir uns keine Schwäche leisten.“ Sie wusste nicht genau, wer „wir“ war. Sie spürte nur, dass sie gemeint war, wenn es um „funktionieren“ ging.
Die Polizei war wieder da gewesen, hatte ihre Aussage ergänzt, präzisiert, nachgehakt. Es waren kleine Fragen gewesen: Wo genau stand sie, als der Song das letzte Mal lief? Wer hatte die Anlage bedient? Hatte sie Stimmen gehört, Wortfetzen, Bewegungen gesehen? Jeder Satz, den sie beantwortete, schob den Abend in eine Form, die sie kaum wiedererkannte.
Eines Abends fand sie in ihrem Spind einen Zettel. Kein Absender, keine Anrede. Nur eine Zeile, in krakeliger Schrift: „Songs kann man abstellen. Zeugen auch.“
Sie starrte den Satz lange an, bis die Buchstaben verschwammen. Vielleicht war es ein dummer Scherz aus der Küche. Vielleicht etwas anderes. Sie steckte den Zettel trotzdem ein, statt ihn wegzuwerfen.
Als sie später durch den Gastraum ging, lief leise Hintergrundmusik. Nicht der Jingle, nicht dieser eine Refrain. Und doch hörte sie ihn in jeder Pause, in jedem falschen Ton, wie ein Echo, dass jemand absichtlich daruntergelegt hatte.
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